Kreativ in Bild und Wort heißt:  MALEN  und  SCHREIBEN


Nach jahrelanger Tätigkeit in der Finanzwirtschaft und als Professor und Hochschullehrer in Forschung und Lehre habe ich mich in 2006  in den Ruhestand verabschiedet. Wenn man nun aufhört abhängig zu arbeiten, d. h. zu deutsch „ in Rente geht „ , stellt sich sodann  in der Regel die Frage:  Was jetzt ?

Aufgaben sind weggefallen. Termine gibt es nicht mehr, und der Tag braucht eine neue Struktur.

Manche Menschen pflegen verstärkt ihr Hobby, manche entdecken neue Beschäftigungsfelder wie Sport, Reisen, Kultur oder finden „ neue“  Aufgaben in der Haus- oder Gartenarbeit. Ein Teil aber auch tut erst einmal gar nichts, vertreibt sich die Zeit mit allem Möglichen und Nichts - was nach langen Arbeitsjahren, Zwängen und Abhängigkeiten - zumindest über eine gewisse Zeit hinweg - durchaus als willkommen und attraktiv empfunden werden kann.

Eine solche Zeit hatte ich auch: Lernte das Golf spielen, verreiste häufig, las sehr viel oder tat aber auch wiederum Nichts, was mir zu meiner eigenen Verwunderung kein schlechtes Gefühl bereitet hat. Meine Frau und ich mögen Städtereisen und besuchten dabei regelmässig auch Köln - eine Stadt, in der ich in früheren Jahren gern auch einmal gearbeitet und gewohnt hätte. Hierbei gingen wir selbstverständlich jedesmal in den Dom, vor allem aber auch in die Museen, und hier speziell in das Museum Ludwig, das mich mit seinen temporären Ausstellungen stets in besonderer Weise angesprochen hat.

So begegnete ich dort Anfang 2016 in einer Sonderausstellung erstmals Bildern der amerikanischen Malerin Joan Mitchell und war sofort von ihnen begeistert. Ihre Kunstrichtung des Abstrakten Expressionismus hinterließ einen tiefen Eindruck, und ich beschäftigte mich ab dann intensiv mit dieser Art der Malerei, mit ihren Farben und Gestaltungsmöglichkeiten, Emotionen und Empfindungen. Mit weiteren Künstlern dieser Richtung wie Jackson Pollock, Mark Rothko und anderen machte ich mich mit zunehmender Leidenschaft vertraut.

Es dauerte nicht lange, bis ich überzeugt war, umgehend selbst mit dem Malen beginnen zu wollen. Und zwar im Stile des Abstrakten Expressionismus - so wie ich ihn gesehen und aufgenommen hatte. Hierbei war es absolut nicht mein Ziel, nachzumachen und zu kopieren. Nein,  ich war fest davon beseelt, mich eigenständig und mit der mir eigenen Kreativität in der Malerei zu betätigen.

 

Ein Atelier wurde eingerichtet, und ich begann  Anfang 2017 konzentriert zu malen. Bis heute bestimmen dabei Kreativität, Intuition und das Experimentieren meine künstlerische Arbeit  -  autodidaktisch und ohne eine wie auch immer geartete Vorbildung , Schulung oder Übung. Man findet bei meinen Bildern keine individuelle einheitliche Linie, keine wiederkehrenden Wesensmerkmale, die meine Arbeit durchziehen und ihr einen unverwechselbaren Stempel mit charakteristischem Wiedererkennungswert aufdrücken würden.

Im Gegenteil: Kreativität und Experimentieren bestimmen meine Arbeit, was bereits bei der Auswahl der Materialien beginnt. Ob auf Leinwand, Papier, Pappe, Holz oder Blech gemalt werden soll entscheidet der Augenblick, ebenso die Farben und Formen. Genutzt werden in erster Linie Acrylfarben , hin und wieder auch Öl oder Industrielacke. Aufgetragen wird mit Pinseln und Lappen, Händen, Bürsten und Rollen - im Grunde mit allem , was verfügbar und beschafft werden kann.

Es gibt zu Beginn eines Bildes kein Konzept : Gefühl, Intuition, Spontaneität und Kreativität führen die Arbeit und ihren Verlauf. Ein Bild entwickelt sich, nimmt die eine oder andere Richtung und folgt keinem wie auch immer geartetem Drehbuch - die Entstehung meiner Kunst wird allein bestimmt durch den Moment, das Gefühl und die kreative Idee des jeweiligen Augenblicks . Damit ist das Ergebnis nicht vorhersehbar; es ergibt sich und kann sowohl einen rein abstrakten Charakter, aber hin und wieder  durchaus auch  konkrete und reale Bezüge annehmen. Ein Bild ist für mich dann fertig und abgeschlossen, wenn ein Gefühl maximaler Zufriedenheit und Übereinstimmung herrscht, was - hoffentlich - dann auch die Kunst  Betrachtenden erreicht. Das ist dann wohl der Fall, wenn die Farben, ihre Kombinationen sowie die im Bild entstandenen abstrakten Darstellungen oder konkreten Situationen eine positive Atmosphäre, gute Gefühle und emotionale Ansprache und Bindung erzeugen. Kurz gesagt: Bei der Betrachtung des Bildes muß der Funke überspringen , und das Bild muß das Potential entfalten, gewissermaßen Teil des Lebens und des persönlichen Alltages zu sein.

In letzter Zeit greife ich hin und wieder auch schon mal zur Feder, um Gedanken oder Botschaften, die ich mitteilen möchte, in Versform zu kleiden. Begonnen hat diese Form, kreativ zu sein, bei mir damit, Geburtstagsgrüsse nicht mehr immer nervenden üblichen formelhaften Sätzen. Zu übermitteln, sondern die Empfänger* Innen mit einem kleinen Gedicht zu erfreuen. Inzwischen macht es mir Freude, auch bei anderen Gelegenheiten das, was ich sagen will, in Reimen zum Ausdruck zu bringen. Und ich habe das Gefühl, noch Manches in Bild und Worte festhalten zu wollen.

 

Prof. Dr. Helmuth Strothmann 

Berlin, im Mai 2023